Ein Bunkerabenteuer

Aller paar Monate finden sich ein paar verrückte Menschen zusammen und begeben sich auf der Suche nach außergewöhnlichen Caches in meist dunkle, staubige und enge Locations. So auch am gestrigen Samstag. LilaWölkchen, Maecky1978, Jeti92, der Kabeldesigner und mich zog es zu einem geschichtsträchtigen Ort im tschechischen  Česká Kamenice (Böhmisch Kamnitz) im »Rabštejnské údolí« (Rabsteiner Tal). In einem von vier riesigen Bunkern findet ihr die Letterbox https://coord.info/GC28G7E „Underground“.  Nachdem das Cachemobil abgestellt war, ging es auf einen kurzen Marsch durch den märchenhaften Wald mit den beeindruckenden Sandsteinfelsen und plötzlich standen wir vor der Öffnung in den Untergrund.

Nachdem für jeden Einzelnen eine Einstiegsmöglichkeit gefunden war, (ja, das ist stark abhängig von Umfang, Größe und Gelenkigkeit 😆 und ich bin bei so etwas ein echter Körperklaus) ging es in die Dunkelheit. Vor uns eröffnete sich ein gefühlt endloses Stollensystem, was von Hand in den Sandstein getrieben schien. Immer neue  lange Gänge mit Betonsockeln, auf denen wohl einmal große Tanks gestanden hatten, erschienen im Licht unserer Taschenlampen. Dazwischen ab und zu kleine Räume, deren Bedeutung nicht immer zu erkennen war.

Im Cachelisting findet ihr eine Wegbeschreibung, welcher ihr folgen müsst, um am Ende das schwarze Ungeheuer zu finden, in dessen Bauch sich das Logbuch versteckt. Gemeint ist ein 55m langer Tank, welcher, dem Geruch nach zu urteilen, wohl einmal Benzin enthielt. Im Netz habe ich ein altes Foto gefunden und die Aufschrift übersetzt. Brennbar und  Kraftstoff steht in kyrillischer  Schrift auf der Front.

Also geht es nun IM Bunker noch IN einen Tank und da wiederum ganz ans Ende. Es ist übrigens der einzige Tank, der im Bunker noch vollständig zu finden ist. Einer wurde teilweise und alle Anderen vollständig zerlegt, demontiert und entfernt.

Nach einem längeren Aufenthalt am Final bemerkte man immer stärker den Benzingeruch. Nach über 30 Jahren ohne Nutzung, verwundert mich das immer wieder. Dies ist uns nämlich schon desöfteren in Bunkern aufgefallen, in denen Benzin gelagert wurde. Also nutzten wir den nicht weit entfernten Ausgang um ein wenig Frischluft zu tanken und nach dem Start des zweiten Caches zu schauen, den wir uns vorgenommen hatten. Und wir hatten Glück. Der Mystie https://coord.info/GC7Z12H „Werk H – Routinekontrolle [LP]“ kann genau hier gestartet und für den Rückweg genutzt werden. Tatsächlich fragten wir uns an dieser Stelle, wieso wir uns durch den Zugangsspalt am Beginn gequält hatten, wo hier doch ein ganzes Tor offen steht. Die finale Lage der Mysteriedose erklärt die Reihenfolge aber und natürlich ist so ein großer offener Zugang wesentlich unspektakulärer 😆 und weniger was zum angeben 🤣.

Wieder zurück im Dunkel, begaben wir uns auf die Spuren der Geschichte zum Mystie. Jede Station konnte recht zügig gefunden werden und so standen wir nach ziemlich genau zwei Stunden wieder vor unserer Einstiegsstelle und der Herausforderung zurück ins Tageslicht.

Die Dose selbst, findet ihr im Wald an einem idyllischen Bächlein auf dem Weg zurück zum Parkplatz. Dreckig, glücklich und mit zwei Favoritenpunkten weniger, kamen wir wieder an den Parkkordinaten an. Wie fast immer nach solchen Abenteuern stöberte ich noch ein wenig in der Geschichte und konnte dazu noch Einiges finden.

Bereits 1942 entstand hier ein Rüstungsstandort in einer enteigneten Textilfabrik. Nach etlichen Luftangriffen auf Bremen verlagerte die „Weser-Flugzeugbau GmbH Bremen“ ihre Produktion hierher. Im Frühjahr 1944 fanden erste geologische Erkundungen statt und bereits im August desselben Jahres begann man mit dem Bau von unterirdischen Produktionsanlagen. Mittlerweile arbeiteten an diesem Standort ca. 6000 Zwangsarbeiter, KZ Häftlinge aus Flossenburg und Dachau, sowie Kriegsgefangene. Allein das „Werk H“, in dem sich beide von uns besuchten Caches befinden, sollte eine Größe von 40.000 Quadratmetern bekommen, wurde aber nie fertiggestellt. Immerhin könnt ihr hier ca. 3km Gänge erkunden. Nach Kriegsende bis 1957 wurden in den Bunkern Lebensmittel gelagert, danach wurde Werk H durch die ZGSS (Zentralgruppe Sowjetischer Streitkräfte) zum Tanklager umgebaut. Es entstanden 12 Tanks mit einer Länge zwischen 30 und 100 Metern in denen ca. 7,5 Millionen Liter Benzin, Diesel und Kerosin gelagert wurden. Nach dem Abzug der Sowjets übernahm eine tschechische Ölgesellschaft das Objekt. Eine geplante Modernisierung fand jedoch nie statt und so wurden 10 der 12 Tanks abgebaut und entsorgt. Beim Zerteilen der Objekte mit Schweißbrennern und Trennscheiben brannte die Isolierschicht ab, was fast alle Wände im Bunker mit Ruß schwärzte. Heute verewigen sich an diesen Stellen die Urbexer, Geocacher und Besucher.

Ein Tank, der, welcher das Letterboxfinal beherbergt, ist noch orginal erhalten. Bei einem anderen wurde die Front entfernt. Vom Rest sieht man jeweils nur noch die Betonsockel. Alles zusammen vermittelt dem Besucher aber sehr gut in welchen Dimensionen hier gelagert wurde. Wenn ihr Bunker mögt, Euch Geschichte interessiert und sich Euch die Möglichkeit eines Besuches bietet, dann kann ich Euch dieses Abenteuer nur empfehlen.

Nach unserem Abenteuer kam der Kabeldesigner noch auf eine, für mich ausgefallene Idee. Er liest nämlich nicht gern bzw. hat keine Zeit dafür. Deshalb möchte er die Beiträge gern von mir vorgelesen bekommen. Natürlich möchte ich kein Podcast werden, aber hier findet ihr den Beitrag das erste mal als Audio, denn wahrscheinlich gibt es noch einige weitere Lesefaule 😉

Ganz in der Nähe befindet sich eine bedoste Flugzeugabsturzstelle. Dahin entführe ich Euch das nächste Mal. Bis dahin, eine schöne Zeit, Eure Chaos_Schnecke Tina

2 Antworten zu „Ein Bunkerabenteuer”.

  1. Frau WalkingChemists erzählte mir, dass dieses Bunkerabenteuer auch bei uns schon auf der Aufgabenliste steht. Nach deiner Erzählung freue ich mich schon drauf. Danke, dass du uns an deinen Abenteuern teilhaben lässt!

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    1. Dann ganz viel Spaß und erzählt mir gern einmal wie es Euch gefallen hat.

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